Wednesday, June 4, 2025
EU-Schwellenwerte 2024/2025: Auswirkungen auf die Vergabepraxis

Die neuen EU-Schwellenwerte sind seit Januar 2024 in Kraft. Erfahren Sie, was sich geändert hat und wie Sie Ihre Vergabestrategie optimal anpassen.
Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick
Die EU-Kommission hat die Schwellenwerte für öffentliche Aufträge angepasst. Diese Werte bestimmen, ab wann europaweite Ausschreibungen verpflichtend sind:
- Bauaufträge: 5.538.000 € (vorher: 5.382.000 €)
- Liefer- und Dienstleistungen (allgemein): 221.000 € (vorher: 215.000 €)
- Liefer- und Dienstleistungen (Bundesbehörden): 143.000 € (vorher: 140.000 €)
- Konzessionen: 5.538.000 € (vorher: 5.382.000 €)
Warum werden die Schwellenwerte angepasst?
Die EU-Schwellenwerte werden alle zwei Jahre überprüft und an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst. Die Berechnung basiert auf:
- Inflationsraten in der EU
- Währungsschwankungen
- Wirtschaftliche Gesamtentwicklung
- WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen
Bedeutung für öffentliche Auftraggeber
Verfahrenswahl richtig treffen
Die Schwellenwerte entscheiden über das anzuwendende Vergaberecht:
Oberhalb der Schwellenwerte:
- EU-weite Bekanntmachung pflicht
- Strenge Verfahrensregeln nach GWB/VgV
- Längere Mindestfristen
- Rechtsschutz vor Vergabekammern
Unterhalb der Schwellenwerte:
- Nationale Vergabe nach UVgO/VOL/VOB
- Flexiblere Verfahrensgestaltung
- Kürzere Fristen möglich
- Vereinfachter Rechtsweg
Strategische Beschaffungsplanung
Die leicht erhöhten Schwellenwerte bieten neue Spielräume:
- Bündelung von Aufträgen neu bewerten
- Losbildung optimieren
- Rahmenverträge strategisch einsetzen
- Bedarfsplanung anpassen
Praktische Auswirkungen für Bieter
Mehr nationale Verfahren
Durch die Anhebung fallen mehr Aufträge in den nationalen Bereich:
- Einfachere Teilnahme für regionale Anbieter
- Weniger Formalitäten bei der Angebotsabgabe
- Kürzere Verfahrensdauer
- Geringere Kosten für die Angebotserstellung
Neue Marktchancen
Die Schwellenwertsanpassung eröffnet Möglichkeiten:
- Aufträge bis 221.000 € ohne EU-weite Konkurrenz
- Bessere Chancen für mittelständische Unternehmen
- Regionalität als Wettbewerbsvorteil
Berechnung der Schwellenwerte
Grundregeln der Schätzung
Der geschätzte Auftragswert umfasst:
- Gesamtvergütung ohne Umsatzsteuer
- Optionen und Verlängerungen
- Prämien und Zahlungen an Bewerber
- Gesamtlaufzeit bei Dauerleistungen
Beispielrechnungen
Beispiel 1: Reinigungsdienstleistung
- Monatliche Kosten: 15.000 € netto
- Vertragslaufzeit: 4 Jahre
- Gesamtwert: 15.000 € × 48 Monate = 720.000 €
- Ergebnis: EU-weite Ausschreibung erforderlich
Beispiel 2: IT-Hardware-Beschaffung
- Einmaliger Kauf: 180.000 € netto
- Keine Folgekosten
- Ergebnis: Nationale Ausschreibung ausreichend
Sonderfälle und Ausnahmen
Sektorenauftraggeber
Für Auftraggeber in den Bereichen Wasser, Energie und Verkehr gelten höhere Schwellenwerte:
- Liefer- und Dienstleistungen: 443.000 €
- Bauaufträge: 5.538.000 €
Verteidigungs- und Sicherheitsbereich
Spezielle Schwellenwerte nach VSVgV:
- Liefer- und Dienstleistungen: 443.000 €
- Bauaufträge: 5.538.000 €
Tipps für die Praxis
Für Auftraggeber
- Auftragswertschätzung dokumentieren
- Nachvollziehbare Kalkulation
- Marktrecherche einbeziehen
- Alle Kostenbestandteile erfassen
- Losaufteilung prüfen
- Wirtschaftliche Losgrößen bilden
- KMU-Förderung berücksichtigen
- Keine künstliche Aufteilung
- Verfahrensart optimal wählen
- Unterhalb: Flexibilität nutzen
- Oberhalb: Fristen einhalten
Für Bieter
- Monitoring intensivieren
- Nationale Plattformen beobachten
- Regionale Ausschreibungen prüfen
- Netzwerke aktivieren
- Kapazitäten anpassen
- Ressourcen für mehr nationale Verfahren
- Schnellere Reaktionszeiten
- Regionale Präsenz stärken
- Qualifikationen vorbereiten
- Präqualifikation nutzen
- Referenzen aktualisieren
- Nachweise digitalisieren
Häufige Fehler vermeiden
Fehler 1: Unzulässige Auftragsteilung
Die Aufteilung eines Auftrags zur Umgehung der Schwellenwerte ist verboten.
Fehler 2: Falsche Wertberechnung
Alle Optionen und Verlängerungen müssen eingerechnet werden.
Fehler 3: Veraltete Schwellenwerte
Prüfen Sie immer die aktuell gültigen Werte.
Digitale Tools und Hilfsmittel
Schwellenwertrechner nutzen
- Automatische Berechnung
- Berücksichtigung aller Parameter
- Dokumentation der Schätzung
Vergabeplattformen
- TED (EU-weit)
- Bund.de (national)
- Regionale Plattformen
Ausblick 2026
Die nächste Anpassung der EU-Schwellenwerte erfolgt voraussichtlich zum 1. Januar 2026. Erwartungen:
- Moderate Erhöhung um 2-3%
- Anpassung an Inflation
- Mögliche Vereinfachungen im Verfahren
Fazit
Die neuen EU-Schwellenwerte 2024/2025 bieten Chancen für eine effizientere Vergabepraxis. Nutzen Sie die erhöhten Grenzen für:
- Optimierte Beschaffungsstrategien
- Regionale Wirtschaftsförderung
- Vereinfachte Verfahren
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der genauen Kenntnis der Schwellenwerte und ihrer praktischen Anwendung.
Stand: Juni 2025
Keywords: EU-Schwellenwerte 2024, Vergaberecht, öffentliche Ausschreibungen, GWB, VgV, UVgO, Auftragswertberechnung, europaweite Ausschreibung